Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL): Was sich lohnt und was nicht

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei IGeL-Leistungen handelt es sich um Leistungen, welche nicht von der Krankenkasse, sondern vom Patienten selbst bezahlt werden müssen.
  • Patienten haben das Recht, vor der Entscheidung für die Inanspruchnahme solcher Leistungen über deren Preis und Zuverlässigkeit informiert zu werden.
  • Der Nutzen vieler IGeL-Leistungen ist laut IGeL-Monitor unklar und einige könnten sogar schädlich sein.

Das erwartet Sie hier

Was individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) für Patienten bedeuten und was Sie beachten sollten, um nicht zu viel oder für unnötige Leistungen zu zahlen.

Inhalt dieser Seite
  1. Was bedeutet IGeL?
  2. Umstrittene Leistungen
  3. Positiv bewertete IGeL
  4. Fazit

Was bedeutet IGeL?

Bereits ein Beratungsgespräch beim Arzt kann den Patienten Geld kosten – Individuelle Gesundheitsleistungen, auch IGeL genannt, gehören nicht zu den Leistungen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung. Die Bezahlung dieser individuellen Gesundheitsleistungen werden von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen.

Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)

Unter IGeL versteht man alle Leistungen, die nicht zum vorgeschriebenen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehören und somit von der Kasse auch nicht bezahlt werden müssen.

Hierunter fallen beispielsweise medizinische Maßnahmen zur Vorsorge, zur Früherkennung und Therapien, deren Wirksamkeit nicht ausreichend belegt sind. Hinzu kommen

  • kosmetischen Behandlungen
  • Reiseimpfungen
  • Früherkennungsuntersuchungen
  • Laborleistungen
  • neue, noch nicht ausreichend erforschte Behandlungsverfahren

IGeL können sinnvoll sein

Laut der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, kann die gesetzliche Krankenkasse keine Optimalvorsorge gewährleisten. Daher sei die Ergänzung durch IGeL sinnvoll. Die unterschiedlichen Gebühren für IGeL finden Sie im IGeL-Katalog.

Bei komplizierten Fällen kann sich die Grundgebühr bis auf das 2,3-fache und in einzelnen Fällen sogar bis auf das 3,5-fache erhöhen, abhängig von der gewählten Leistung.


Patienten müssen informiert werden

Der Patient sollte vor Erbringung der Leistung über Kosten und Nutzen aufgeklärt werden und derart beraten werden, dass er die Möglichkeit hat, sich frei für oder gegen das Angebot zu entscheiden. Ohne einen schriftlichen Vertrag zwischen Arzt und Patienten hat der Arzt keinen Anspruch auf Bezahlung. Was der Arzt für eine solche Zusatzleistung verlangen darf, regelt die Gebührenordnung für Ärzte.

WIdO zeigt Mängel am Verfahren auf

Laut einer Studie der WIdO, dem wissenschaftlichen Institut der AOK, zeigen sich jedoch deutliche Defizite bei der Einhaltung der formalrechtlichen Vorgaben und der Qualität der ärztlichen Beratung. So haben die befragten IGeL-Patienten oft keine schriftliche Zustimmung erteilt (46,6 Prozent) und jeder zehnte Befragte hat keine Rechnung erhalten.

Nur der Hälfte der Patienten (54,9 Prozent) ist der Nutzen des Igel-Verfahrens gut erklärt worden, etwa ein Fünftel der Befragten bewertete die Aufklärung über den Nutzen als schlecht oder sehr schlecht. Auch bei der Aufklärung über die Zuverlässigkeit von Untersuchungsleistungen fühlte sich nur etwas mehr als die Hälfte der Patienten (53,7 Prozent) aufgeklärt. 18,5 Prozent der Patienten gaben an, nicht genug Bedenkzeit gehabt zu haben (Quelle).

Vertrag und Rechnung für Selbstzahlerleistungen

Art der LeistungSchriftliche VereinbarungRechnung erstellt
Glaukomvorsorgeuntersuchung47,347,3
Kosmetische Leistungen20,0100,0
ergänzende Krebsfrüherkennung bei Frauen64,096,0
Hautkrebsvorsorge54,590,9
Ultraschall52,492,6
Blutuntersuchungen/Laborleistungen35,593,5
PSA-Wert Bestimmungen41,496,6
Medikamente, Heil- und Hilfsmittel31,377,1
Knochendichtemessungen36,481,8
Akupunktur42,985,7
Sonstiges54,387,7
Insgesamt46,690,0
Quelle: WiDO-monitor 2019, n=481

Umstrittene IGeL

Der Nutzen vieler IGeL ist zudem umstritten. Auch nach Ansicht der Verbraucherzentralen sind nicht alle dieser zusätzlichen Leistungen medizinisch sinnvoll. Die ehemalige Patientenbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel, ist der Meinung, dass Ärzte oft zusätzliche Maßnahmen anbieten, deren Nutzen häufig fragwürdig sei. Meist gehe es bei den IGeL vorrangig um wirtschaftliche Interessen von Ärzten und nicht um notwendige medizinische Leistungen für Kranke.

Einschätzung des IGeL-Monitors

Um eine Einschätzung des IGeL-Verfahrens liefern zu können, bewertet das Online-Portal IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) Nutzen und Schaden von IGeL nach wissenschaftlichen Kriterien. Er beurteilt viele Leistungen aufgrund der Analyse wissenschaftlicher Studien.


Bewertungen des IGeL-Monitors

Die Bewertungen des IGeL-Monitors reichen von „Positiv“ über „negativ“ bis hin zu „unklar.“ „Positiv“ bedeutet hierbei, der Nutzen überwiegt eindeutig den Schaden, „tendenziell positiv“ heißt, der Nutzen überwiegt geringfügig den Schaden, „unklar“ – Nutzen beziehungsweise Schaden sind unbekannt oder ausgewogen, „tendenziell negativ“ – der Schaden überwiegt geringfügig, „negativ“ – der Schaden überwiegt eindeutig (direkt zu den Bewertungen).

Einige IGeL können sogar schaden

Von manchen Leistungen, wie der Früherkennung von Eierstockkrebs mittels Ultraschalluntersuchung, wird etwa abgeraten. Die US-amerikanische Vorsorgeorganisation Preventive Services Task Force (USPSTF) ist nach der Analyse mehrerer Studien zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Vorsorgeuntersuchung den Frauen mehr schadet als sie ihnen nutzt, da es häufig zu unnötigen Operationen kommt.

Keine durch den IGeL-Monitor bewertete Leistung kann eine positive Bewertung erreichen. Trotzdem steigt die Zahl der angebotenen privaten Leistungen, wie eine Umfrage des IGeL-Monitors ergab.

Einige private Leistungen immerhin „tendenziell positiv“

Einzelne Leistungen wurden vom IGeL-Monitor mit „tendenziell positiv“ bewertet. Darunter finden sich beispielweise die Akupunktur zur Migräneprophylaxe und die Lichttherapie bei saisonal depressiver Störung.

Die Behandlung von Migräne durch Akupunktur wird durch die Experten des IGeL-Monitor eher positiv eingeschätzt, da es Studien gibt, die Bestätigen, dass diese Methode das gleiche Ergebnis wie Medikamente erzielt. Akupunktur bringt zudem keine Nebenwirkungen mit sich.


Einige Bewertungen des IGeL-Monitors

IGeLBewertung des IGeL-Monitor
Akupunktur zur Vorbeugung von Migräneanfällen“tendenziell positiv”
Blutegeltherapie bei Kniearthrose„tendenziell negativ“
Botox gegen Schwitzen“unklar”
Dünnschichtzytologie zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs“ohne Bewertung”
Entfernung von Tätowierungen“ohne Bewertung”
Kunsttherapie bei psychischen Erkrankungen
“unklar”
Lichttherapie bei saisonal depressiver Störung („Winterdepression“)“tendenziell positiv”
MRT der Brust zur Krebsfrüherkennung“tendenziell negativ”
MRT zur Früherkennung einer Alzheimer-Demenz“tendenziell negativ”
Ozon-Eigenbluttherapie zur Behandlung von Long-/Post-COVID„unklar“
Toxoplasmose-Test bei Schwangeren (Früherkennung)
“unklar”
Ultraschall zur Früherkennung von Gebärmutterkörperkrebs„tendenziell negativ“
Quelle: IGeL-Monitor, Stand Januar 2024

Fazit

Durch verschiedene Studien und Bewertungen zum IGeL-Verfahren zeigt sich, dass es einige wenige hilfreiche, viele unnötige und sogar einige schädliche Methoden innerhalb der individuellen Gesundheitsleistungen gibt. Es muss somit immer indiviuell entschieden werden, ob solch eine private Leistung sinnvoll ist oder nicht.

Entscheiden Sie sich für eine dieser zusätzlichen Leistungen, so sollten Sie sich in jedem Fall vor der Durchführung der Therapie, Beratung oder sonstigen Leistung von Ihrem Arzt zu der Leistung ausführlich beraten und einen Kostenvoranschlag erstellen lassen. Zudem sollten Sie darauf achten, dass der Arzt Ihnen eine Rechnung für die Leistung ausstellt. Sind Sie bei einer privaten Kranken­versicherung können die IGeL-Kosten in einigen Fällen übernommen werden. Lassen Sie sich hierzu von ihrer privaten Kranken­versicherung beraten.

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